Seit der Corona-Delle haben die baden-württembergischen Volkshochschulen im Land Boden gut gemacht. Vor allem zwei Themenfelder sind Magnete für das Publikum.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Die Volkshochschulen in Baden-Württemberg können die Corona-Krise allmählich abhaken. Zwar haben sie bei Unterrichtseinheiten und Teilnehmern die Zahlen von vor Corona noch nicht wieder erreicht, aber sie haben viel Boden gut gemacht. 1,75 Millionen Teilnehmer haben im vergangenen Jahr Einzelveranstaltungen oder Kurse besucht. Das sind knapp zwanzig Prozent mehr als ein Jahr davor – aber immer noch zwanzig Prozent weniger als vor der Pandemie.

 

Bei den Unterrichtsstunden sieht es besser aus. Dort waren mit 2,82 Millionen Einheiten immerhin schon wieder 91,1 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht. Das geht aus dem Jahresbericht des Volkshochschulverbands hervor, der unserer Redaktion vorab vorliegt.

Kultur und Gesundheit auf Platz eins

Der Verbandsvorsitzende und frühere Grünen-Politiker Fritz Kuhn und Verbandsdirektor Tobias Diemer sehen die Volkshochschulen im Land deshalb auf dem Weg zurück zur alten Stärke. Dabei gibt es ausgesprochene thematische Renner im Angebot der 161 baden-württembergischen Volkshochschulen mit 638 Außenstellen. Den ersten Platz der beliebtesten Themenfelder teilen sich mit jeweils knapp 25 Prozent der Teilnehmer die Bereiche Kultur und Gestalten sowie Gesundheit. Auf Platz zwei liegen mit fast zwanzig Prozent der Teilnehmer Veranstaltungen im Bereich Politik, Gesellschaft und Umwelt – dicht gefolgt von den Sprachen mit 19 Prozent der Teilnehmer auf Platz drei.

Dienstleister für Demokratie, Integration und Weiterbildung

Darüber hinaus verweist Tobias Diemer auf die Rolle der Volkshochschulen als größter Träger für Integrationskurse von Geflüchteten und Zuwanderern in Baden-Württemberg. Sie veranstalteten 2023 fast 1300 Integrationskurse für 23 000 Geflüchtete – . Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes hebt Fritz Kuhn die Bedeutung der Volkshochschulen als „Orte der Demokratie“ hervor und würdigt das Potenzial ihrer Weiterbildungsangebote bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs.

Beispielhaft ist dabei nach Ansicht von Kuhn und Diemer eine Kooperation der Volkshochschule mit den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), die dringend Fahrer sucht: Zugewanderte, die Deutsch-Grundkenntnisse haben, werden in einem speziellen Kurs die notwendigen Fachbegriffe vermittelt, um mit Fahrgästen und Leitstellen sicher und verständlich über Fahrpläne, Tarife, Verfahrensweisen und Arbeitsabläufe sprechen zu können. Im Anschluss an den Kurs können die Teilnehmer den Straßenbahn-Führerschein machen und im Dienst der SSB eingesetzt werden. Auch in der Ausbildung von Betreuungskräften für Ganztagsangebote an Grundschulen sehen die Volkshochschulen sich gefordert.

Kuhn fordert die Landesregierung auf, ihre Prioritätensetzung bei der Bildung bei den Haushaltsverhandlungen auch auf die Erwachsenenbildung auszudehnen und dringt darauf, die Fördermittel für die Volkshochschulen um 7 Millionen Euro zu erhöhen. 2023 hatten die Volkshochschulen gut 254 Millionen Euro zur Verfügung. Den Löwenanteil zum Finanzbedarf tragen mit 30 Prozent Kurs- und Teilnahmegebühren bei. Es gibt Zuschüsse von Bund, EU, Bundesagentur für Arbeit, Kommunen und Kreisen. Das Land trug 2023 einschließlich der Projektförderung rund elf Prozent der Kosten.