Der CDU-Chef feiert zwar die Zugewinne seiner Partei bei der Europawahl. Bei näheren Hinsehen aber verliert sich der Glanz. Seine Widersacher dürften nicht aufgeben.

Nach dem Erfolg bei der Europawahl will die CDU mit neuer Geschlossenheit, neuem Programm und einem kürzlich bei der ersten Wiederwahl intern gestärkten Parteichef Friedrich Merz in die nächsten Wahlkämpfe gehen. Die wichtigen Abstimmungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September hat man im Blick.

 

In der K-Frage, die CDU und CSU nach den Landtagswahlen im September entscheiden wollen, haben die Wahlanalysen für Merz aber nicht wirklich Erfreuliches parat. So sind laut Analyse der Forschungsgruppe Wahlen vom Sonntag zwar 66 Prozent der Bürger mit der Bundesregierung unzufrieden – aber nur 30 Prozent meinen, dass CDU/CSU die Sache besser machen würde. Weder Merz noch CSU-Chef Markus Söder können sich demnach zudem beim Ansehen klar von Scholz absetzen.

Laut der Analyse liegt die AfD in der Gruppe der 16- bis 24-Jährigen mit 17 Prozent gleichauf mit der Union, die von den Jungen nur gut halb so viele Stimmen wie insgesamt bekommt. Gut möglich, dass deshalb in der Union auch über den Kurs von Merz bei Sicherheit und Migration diskutiert wird. Laut einer vorläufigen Analyse der Wählerwanderung von Infratest Dimap für die ARD sind von der Union zur AfD 600 000, zum BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) 250 000 und zu den Nichtwählern 1,28 Millionen Menschen abgewandert. Auch das könnte Merz mit angekreidet werden.

Die Frage, ob CDU-Chef Merz jetzt Kanzlerkandidat der Union wird, bleibt also offen. Zurücklehnen kann er sich jedenfalls nicht. Zwar ist angesichts des klaren Unionssiegs nicht zu erwarten, dass eine unionsinterne Debatte losbricht, ob der 68 Jahre alte Sauerländer tatsächlich der richtige Kandidat wäre, um Scholz nach der nächsten Bundestagswahl abzulösen. Schon lange wird Merz beispielsweise vorgeworfen, er komme weder bei Jüngeren noch bei Frauen gut an.

CSU-Chef Markus Söder und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, die als weitere Aspiranten für die Kanzlerkandidatur gelten, werden ihre Hoffnung aber kaum begraben. Die Union will ihre K-Frage nach den Wahlen in Ostdeutschland klären. Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, fordert eine offene Diskussion über die K-Frage. „Es muss diskutiert werden, wer der richtige Kandidat ist“, sagte Holetschek der „Augsburger Allgemeinen“.

Zuletzt hatte CSU-Chef Markus Söder betont, er sehe den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in der Favoritenrolle für die Kanzlerkandidatur. „Natürlich ist ein CDU-Vorsitzender immer der Favorit“, hatte der CSU-Chef dem Bayerischen Rundfunk gesagt, nachdem Merz im Mai auf dem CDU-Parteitag mit annähernd 90 Prozent als Parteichef bestätigt worden war. „Wir werden auf jeden Fall zusammen eine gute Lösung finden. Da darf sich jeder drauf verlassen“, betonte Söder damals. Bei der Europawahl festigte die CSU in Bayern ihren Status als stärkste Partei mit 39,7 Prozent.