Wie gesund wir sind, hängt auch von der Darmflora ab. Aber welche Bakterien genau was für Bereiche beeinflussen, ist zum Teil noch wenig untersucht. Nun gibt es neue Erkenntnisse.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Wer mit einer schweren Infektion wie etwa einer Lungenentzündung im Krankenhaus liegt, hat häufig eine gestörte Darmflora. Aber ist das Mikrobiom im Ungleichgewicht, weil jemand krank ist und behandelt wird, oder sind die Menschen krank, weil ihr Mikrobiom vorher schon nicht gut aussah?

 

Bisher, so schreibt ein Forscherteam im Fachblatt „The Lancet Microbe“, habe es dazu keine großen Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung gegeben. Das Team kommt in seiner Studie nun zu dem Schluss, dass bestimmte Darmbakterien das Risiko senken, schwere Entzündungen zu entwickeln.

Welche Rolle die Fettsäure Butyrat spielt

Besonders auffällig sei die Zahl der Bakterien gewesen, welche die kurzkettige Fettsäure Butyrat produzieren. Je höher ihr Anteil im Darm war, desto seltener wurden die Menschen wegen einer Entzündung im Krankenhaus behandelt.

Das Darm-Mikrobiom besteht aus Billionen Mikroorganismen Hunderter verschiedener Arten. Foto: Imago/Pond5 Images

Die Forscher um Robert Kullberg von der Amsterdam University Medical Center berichten, dass schon länger bekannt sei, dass Butyrat einen positiven Einfluss auf das Immunsystem von Mäusen habe. Nun habe das auch für eine große Gruppe Menschen aus zwei Ländern gezeigt werden können.

Butyrat als wichtiger Faktor für Darmgesundheit

Für die Studie wurde die Darmflora von 10 699 Menschen in Dänemark und Finnland auf Bakterien untersucht. Dafür wurden Stuhlproben auf Erbgut ausgewertet, um Arten und Häufigkeiten von Bakterien und anderen Lebewesen im Darm zu ermitteln.

602 der Studienteilnehmer entwickelten in den Jahren nach der Erstuntersuchung eine schwere Infektion, die in einigen Fällen auch zum Tod führte. Die Erkrankten hatten deutlich weniger dieser Butyrat produzierenden Bakterien in ihrem Darm als die übrigen Personen.

Eine gesunde Darmflora ist eine wichtige Voraussetzung für einen gesunden Körper. Foto: Imago/Science Photo Library

„Wir haben festgestellt, dass bei Menschen, die 10 Prozent mehr dieser Bakterien in ihrem Darm haben, die Wahrscheinlichkeit einer Infektion um 15 bis 25 Prozent sinkt“, erklärt Kullberg. Bei den Infektionen habe es sich auch um Entzündungen außerhalb des Darms gehandelt, also zum Beispiel in der Lunge, im Harntrakt oder in anderen Teilen des Bauchs.

Butyrat beeinflusst positiv Immunsystem

Butyrat wird zwar im Darm von bestimmten Darmbakterien produziert, kann aber auch in das Blut und andere Organe wie die Lunge gelangen. „Dadurch kann Butyrat die Zellen des Immunsystems im Darmtrakt, aber auch in anderen Organen unseres Körpers beeinflussen“, erläutert Kullberg.

Westliche Ernährung – gekennzeichnet durch den Verzehr eines hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren und Zucker – kann die Bildung bestimmter Botenstoffe im Darm verändern. Foto: Imago/Science Photo Library

Die Fettsäure habe zum Beispiel Einfluss auf die Entwicklung und den Energiestoffwechsel von bestimmten Immunzellen, den Makrophagen. „Dies führt zu einer verstärkten Aktivität gegen Bakterien und Viren, die Infektionen verursachen können, zum Beispiel durch die Produktion von mehr kleinen Molekülen mit antimikrobieller Wirkung oder durch ein verstärktes Abfangen und Abtöten von Bakterien.“ Außerdem könne Butyrat Entzündungen ausgleichen, was zu einer geringeren Organschädigung führe.

Gesunde Lebensweise und Ernährung enorm wichtig

Die Lebensweise der Probanden wurde durch Fragebögen zu Beginn der Studie ermittelt. Die Forschenden konnten aber keinen ausgeprägten Zusammenhang zwischen der Ernährung der Studienteilnehmer und den Butyrat-produzierenden Bakterien feststellen. Sie konnten die Ernährung als Faktor aber auch nicht ausschließen.

Daher ist bisher unklar, wie sich die Zahl Butyrat-produzierender Bakterien im Darm womöglich erhöhen ließe. „Das ist wahrscheinlich leichter gesagt als getan“, meint Kullberg. Diese Frage habe das Team auch nicht speziell untersucht. „Aber ich denke, dass ein gesunder Lebensstil – also zum Beispiel nicht rauchen, ausreichend körperliche Aktivität – im Allgemeinen hilfreich ist.“

Butyrat werde von Bakterien bei der Fermentierung von Ballaststoffen produziert. „Eine ballaststoffreiche Ernährung – Obst, Gemüse, Getreidekörner – ist also wahrscheinlich hilfreich.“