Von einem früheren Industriegelände bis zur idyllischen Altstadt zieht sich die Landesgartenschau in Wangen im Allgäu. Immer entlang des Flusses Argen, der sich auch einmal wild gebärden kann.

Die drei Frauen sehen fröhlich aus, in ihren luftigen Sesseln auf der Wiese neben dem Spielplatz. Jede hat einen Drink in der Hand: „Limo, kein Sekt!“, sagen sie lachend und richtig, sie haben es nicht eilig. Sie seien Schwestern aus der Gegend von Kempten und wollten einfach ihren freien Tag genießen. Zu einem späteren Zeitpunkt seien sie noch einmal auf der Gartenschau verabredet, meint eine fast entschuldigend. Also muss die Sechs-Kilometer-Runde mit allen Sehenswürdigkeiten nicht am Stück absolviert werden.

 

Ein gemütlicher Tag unter der Woche, 11 Uhr vormittags: Eine Schulklasse stürmt den Spielplatz, die ersten Führungen ziehen los. „Die Beete zeigen alte Muster, wie sie in der Textilweberei verwendet wurden“, erklärt der Guide. Sie sehen gerade ein wenig struppig aus, das mag den vorher gegangenen Unwettern geschuldet sein.

Das Hochwasser zwingt zu zwei Tagen Schließung der Schau

Immerhin hat sich die Argen, die zum hochstehenden, reißenden Gebirgsfluss wurde, wieder in ihr teils neu geschaffenes, breiteres und tiefer gelegtes Flussbett zurück gezogen. Sie fließt durchs gesamte Gelände und überspülte eine Unterführung, die als wichtige Verbindung dient. An zwei Tagen Anfang Juni musste die Landesgartenschau aus Sicherheitsgründen geschlossen werden.

Nun sieht man am Fluss noch Treibgut und schlammige Spuren, aber alles ist wieder zugänglich, von den neuen Brücken hat man einen besonders guten Blick. „Da zeigte sich auch, wie gut die Renaturierungsmaßnahmen wirken“, bestätigt Geschäftsführer Karl-Eugen Ebertshäuser. Die neuen Flachwasserzonen, Buchten und Buhnen am Flussbett boten zudem den Fischen Schutz, die sonst einfach mitgerissen worden wären.

Größere Baggerarbeiten in Wangen

Der Landesgartenschau in Wangen sind, wie üblich bei Gartenschauen, größere Baggerarbeiten voran gegangen. Hier wird Landschaft neu gestaltet, mit einem klaren städtebaulichen Auftrag: Der Park rechts und links der Argen soll die Altstadt mit dem früheren Industrieareal der ERBA verbinden. In dessen Mitte entsteht ein frisch entwickeltes Quartier für rund 1 500 Einwohner.

Der Eingang Süd startet in das Gebiet der einstigen Spinnerei und Weberei, und wenn man nun die spitzen Türmchen des Spielplatzes genauer mustert, zeigen sie sich als Spindeln. Eine Keramikspindel liegt nebenan als Kunstwerk in der Wiese („Bitte nicht klettern, scharfe Kanten“), Schilder erklären das frühere Altenheim der Textilfabrik, jetzt übrigens ein angenehmes Hotel, den Kindergarten und die Werkskantine. Die ERBA war eine Welt für sich, mit ihren Arbeitern und Gastarbeitern meilenweit entfernt von der pittoresken Altstadt der Bürger, früher freie Reichsstadt und noch immer ein stolzes Städtchen.

Wechselnde Blumenschauen

Zu Füßen des alten Schornsteins, heute von einem Storchennest gekrönt, wartet die „Spinnerei“, das Bedienrestaurant der Gartenschau, mit schwäbischen Spezialitäten. Wangen liegt im Allgäu, aber noch in Baden-Württemberg. Schräg gegenüber das frühere Baumwolllager, wo sich fantasievolle Gestecke unter herabhängenden Fäden studieren lassen. Gerade standen die Kunstwerke unter dem Motto „Sei’s wias will, die Allgäuer Eigenarten“ anschließend folgen die Rosen als Hauptdarsteller.

Die Blumenschauen wechseln, genau wie die täglichen Veranstaltungen. Am Vortag hat man einen Shanty-Chor an der Marktbühne knapp verpasst, auch einen Chor aus dem kanadischen Québec. Letzterer habe sich spontan angeboten, erklärt Pressesprecherin Tarja Prüss. So lohnt es sich, immer auf die aktuellen Tafeln an den Eingängen zu sehen. Da steht dann auch, dass sich Salsa-Freunde am Tanzboden treffen. Am nächsten Tag steht Standard an, begleitet von einer echten volkstümlichen Kapelle: Sie eröffnet mit Wiener Walzer und einem Marsch, geht dann aber doch zu Rumba und Foxtrott über.

31000 Dauerkarten wurden verkauft

Zum Tanzen finden sich auch viele Einheimische ein. 31 000 Dauerkarten wurden inzwischen verkauft, wo Wangen doch nur 28 000 Einwohner hat. Schön hier wie da: Die Aktiven haben Spaß, und die anderen sitzen bequem beim Zusehen.

Auf den futuristisch gedrehten Aussichtsturm auf seinem Hügel hingegen muss jeder hoch, ob gehbehindert oder nicht. So dauert es ein Weilchen, bis man die stählerne Wendeltreppe im hölzernen Turm erklommen hat und übers Gelände blicken kann. Vorne die Gartenschau und hinten, welche Überraschung, eine weich geschwungene grüne Hügellandschaft, wie sie so typisch fürs Allgäu ist. Den Klang der Kuhglocken hört man bis herauf. Das wiederum, ist nun wirklich ein feiner Ausblick.