Das Land Baden-Württemberg prüft zahlreiche Standorte für Flüchtlingsunterkünfte – und stößt praktisch überall auf Widerspruch aus der Bevölkerung. Nun ist eine erste Vereinbarung getroffen worden.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Es ist ein kleiner Schritt, aber immerhin ein erster. Auf der Suche nach neuen Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge haben sich das Land Baden-Württemberg und die Stadt Bruchsal geeinigt. In einem so genannten Letter of Intent (LoI) haben die Parteien ausgelotet, unter welchen Bedingungen die alte Feuerwehrschule zu einer Landeserstaufnahmeeinrichtung umgebaut werden kann. Der Gemeinderat hat die Verhandlungen zwischen Stadt und dem Justizministerium inzwischen abgesegnet.

 

Ein Teil der Vereinbarung betrifft die maximale Belegungsgrenze. Keinesfalls mehr als 500 Menschen sollen auf dem Areal untergebracht werden. Das Ganze soll zudem zeitlich befristet sein: maximal fünf Jahre darf die Feuerwehrschule als Unterkunft herhalten – und weil niemand weiß, wie lange der Umbau dauert, gibt es alternativ eine absolute Obergrenze: spätestens am 30. Juni 2031 ist Schluss. Dann geht das Gelände, das jetzt noch dem Land gehört, an die Stadt über. Die denkt schon seit langem darüber nach, an dieser Stelle neue Wohnungen bauen zu lassen.

Problem ist damit nicht gelöst

Dass das Problem damit nicht gelöst, sondern maximal leicht entschärft wird, verdeutlicht ein Blick auf die Zahlen. In Baden-Württemberg fehlen mittelfristig rund 9000 Plätze für neu ankommende Flüchtlinge. So zumindest die Schätzungen des zuständigen Justizministeriums. Das ist eine gewaltige Zahl. Bisher gibt es – ohne Notaufnahmemöglichkeiten in Sporthallen – rund 6300 Erstaufnahmeplätze im Land. Mit denen in Bruchsal werden es 500 mehr. Allerdings: der Betrieb der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen soll gemäß den Verträgen mit der Stadt zum Jahresende 2025 endgültig eingestellt werden. Im Regelbetrieb sind dort 700 Flüchtlinge untergebracht, in Stoßzeiten ist die Belegung fast verdoppelt.

Widerspruch an vielen Stellen

Das Land prüft daher noch weitere Standorte – und stößt praktisch überall auf Widerspruch aus der Bevölkerung. Egal ob in Ludwigsburg, Böblingen, Stuttgart, Pforzheim oder Waldkirch – sobald entsprechende Pläne bekannt werden, regt sich Widerstand. Das war in Bruchsal nicht anders. „Die Ängste sind in den Letter of Intent eingeflossen“, sagt Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick. So habe das Land zugesagt, den Stellenanteil für Streetwork auf 2,5 Stellen aufstocken. Die Kindertagesbetreuung und der Schulbesuch erfolgt ausschließlich in der Einrichtung, auch eine medizinische Ambulanz soll es auf dem Gelände geben, das von einem Zaun umgeben ist und per Video überwacht werden wird. Das Land werde darauf hinwirken, dass das zuständige Polizeirevier für die Dauer des Betriebes personelle Verstärkung erhält, heißt es zudem.

Dass der neu gewählte Gemeinderat noch einmal grundsätzlich in den Prozess eingreift ist nicht zu erwarten. Die Freien Wähler, die gegen eine solche Verständigung waren, haben einen Sitz verloren, ebenso wie Grüne und FDP. CDU, SPD und AfD haben je ein Mandat dazu gewonnen, radikale Veränderungen gibt es somit nicht.