Als erster Kirchenführer seit Kriegsbeginn hat Patriarch Pizzaballa den Gazastreifen besucht. Er ist schockiert angesichts der Kriegsschäden - und bleibt dennoch hoffnungsvoll.

Die Stadt Gaza ist nach den Worten des Lateinischen Patriarchen, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, teils bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Größte Probleme für die Zivilbevölkerung seien neben den anhaltenden Kriegshandlungen die medizinische Versorgung, die hygienische Lage sowie die Verteilung humanitärer Hilfe, sagte der italienische Ordensmann am Montag in Jerusalem. Zuvor hatte er das Kriegsgebiet vier Tage lang besucht. Was er dort gesehen habe, habe ihn an einen Besuch im syrischen Aleppo 2015 erinnert.

 

Ziel seines Besuchs sei eine Geste des Beistands gewesen. „Auch wenn wir keine unmittelbaren Lösungen haben, ist es wichtig, da zu sein“, so Pizzaballa. Dabei sprach sich der Kardinal erneut für ein Ende des Krieges und der Blockade des Gazastreifens aus.

Der Besuch war Auftakt eines gemeinsamen Hilfsprojekts mit dem Malteserorden und dessen Hilfswerk Malteser International. Obwohl sich die humanitäre Versorgung im Vergleich zu den ersten Kriegsmonaten verbessert habe, fehle es immer noch an allem, sagte Pizzaballa. Das Patriarchat prüfe derzeit Möglichkeiten, dringend benötigte psychologische Hilfe für die traumatisierte Bevölkerung anzubieten.

Hoffnungszeichen: „natürliche Solidarität“ der Menschen in Gaza

Gegenwärtig haben laut dem Kardinal knapp 500 Menschen auf dem Gelände der katholischen Pfarrei in Gaza Zuflucht gefunden. In den ersten Kriegsmonaten waren es rund 700. Die Zahl der Christen in dem Gebiet, vor Kriegsbeginn nach Kirchenangaben 1.017, sei auf rund 650 zurückgegangen. Zurzeit sei es „unvorhersehbar, ob jene, die den Gazastreifen im Krieg verlassen haben, zurückkehren werden“. Dennoch beschrieb der Franziskaner die christliche Gemeinde als „sehr resilient“. Viele seien zum Bleiben entschlossen. Deshalb sei es wichtig, ihnen zu versichern, dass es eine Zukunft in Gaza gebe.

Als Hoffnungszeichen bezeichnete der Patriarch den Zusammenhalt der Christen und die religionsübergreifende „natürliche Solidarität“ der Menschen in Gaza. Ein Zusammenleben, bei dem man „nicht sagen kann, wer orthodox und wer katholisch ist“, sei eine Botschaft an die Kirchen der Welt. Er hoffe, dass dies auch andernorts zum Modell werde.

„Ich habe eine sehr müde Gemeinschaft angetroffen, die alles verloren hat, aber sehr gut organisiert und aktiv ist“, so Pizzaballa. Trotz Schmerz und Zukunftsängsten habe er kein Wort der Wut gehört. „Wir Christen haben keine Gewalt im Blut“, zitierte er Gemeindemitglieder. Dies mache es besonders schwierig für die christliche Gemeinde, das aktuelle Kriegsgeschehen zu verstehen.