Hunderte Ehrenamtliche aus dem ganzen Land sorgen bei der Fußball-EM in Stuttgart für die medizinische Versorgung der Besucher. Dafür steht auf dem Karlsplatz auch eine ganz besondere Arztpraxis.

Der Regen prasselt vom Himmel. Nur wenige Fußballfans lassen sich an diesem Vormittag schon in der Stuttgarter Innenstadt blicken. Doch bald beginnen die Übertragungen der Spiele auf dem Schlossplatz. Wenige Meter weiter am Rande des Karlsplatzes stehen einige Dutzend Leute unter einem Pavillon und lauschen aufmerksam. Die Einweisung für die Rettungs- und Sanitätskräfte für den Tag läuft. Auf einem großen Stadtplan sind die verschiedenen Fanzonen eingezeichnet. Wer bezieht wo seinen Posten? Wo gibt es etwas zu trinken, wo Toiletten?

 

„Wir haben hier einige Hauptberufliche, vor allem die Notärzte, alle anderen sind ehrenamtliche Einsatzkräfte aus ganz Baden-Württemberg“, sagt Matthias Jürgens. Auch der Kreisbereitschaftsleiter beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Stuttgart ist hier in seiner Freizeit tätig – fast die gesamten vier Wochen lang. „Ich habe dafür Überstunden aufgebaut. Manchmal arbeite ich auch tagsüber und bin dann ab dem Nachmittag beim EM-Einsatz“, erzählt der Projektleiter beim Klinikum Stuttgart. Warum? „Weil das etwas ganz Besonderes ist. So etwas gab es zuletzt bei der WM 2006. An die können sich viele Jüngere aber gar nicht mehr erinnern“, sagt Jürgens und lacht.

An Spieltagen sind über 200 Leute unterschiedlichster Hilfsorganisationen, vor allem vom DRK, im Stadion sowie in der Innenstadt im Einsatz, um die Besucher medizinisch zu versorgen. Ein Einsatzabschnitt umfasst den Schlossplatz, der andere findet sich an der Stiftskirche und ist für die anderen drei Plätze zuständig, die bei der EM als Veranstaltungsorte bespielt werden. Bisher läuft alles in geordneten Bahnen, auch an den Spieltagen mit Begegnungen in Stuttgart. „Für die Größe der Veranstaltung ist es ziemlich ruhig. Wir haben Schnittverletzungen, einige haben bei Hitze zu wenig getrunken, auch ein paar Kliniktransporte sind dabei“, so Jürgens. Und sehr gefragt seien auch die kleinen Hilfen, zum Beispiel Blasenpflaster. „Die Fans sind bisher alle super freundlich“, freut sich Jürgens.

Das bedeutet auch manchmal viel Warterei ohne Einsatz. An sich ist das ja positiv, aber zu langweilig, das mögen die Retter auch nicht. Bei der Einweisung gibt es schon mal eine Entschuldigung dafür, dass an diesem Tag wohl nicht mit extrem viel Publikum zu rechnen sei. „Bei dem Wetter kommen nicht so viele Leute vorbei, aber das ist kein Problem“, sagt ein Ehrenamtlicher aus dem Stuttgarter Osten. An anderen Tagen sei dafür mehr los.

Ein besonderer Container

Im Container neben dem Pavillon sitzt die Einsatzleitung für den Innenstadtbereich. Es gibt drei Funkarbeitsplätze. Der Container kommt aus Hessen, der Pavillon aus Weilimdorf – und die ganz besondere Einrichtung nebenan aus Berlin. Die mobile Arztpraxis auf dem Karlsplatz ist aus der Bundeshauptstadt angerollt, weil die des Landes Baden-Württemberg derzeit noch im Rems-Murr-Kreis im Hochwassergebiet eine vollgelaufene Arztpraxis ersetzt. „So ist das bei uns. Da hilft jeder jedem“, sagt Jürgens und lacht.

Die mobile Arztpraxis dient dazu, Patienten gleich vor Ort zu behandeln oder Spitzen bei den Behandlungen abzufedern. „Wenn die Kliniken volllaufen sollten, können wir hier dafür sorgen, dass die Bagatellen nicht in den Krankenhäusern landen“, sagt Johannes Wagner, beim DRK in Stuttgart Vizepräsident und Kreisverbandsarzt.

Eine komplette Praxis mit EKG

Der Container ist spätestens vom Nachmittag an bis tief in die Nacht besetzt. „Wir haben zwei Behandlungsräume. Auf der einen Seite können wir eine richtige kleine Hausarztpraxis betreiben mit EKG und Ultraschall“, erläutert Wagner. Im anderen Raum sind kleinere chirurgische Behandlungen möglich. Mehrere Ärzte tun dort Dienst. Die mobile Praxis dient aber auch als Anlaufpunkt für die Einsatzkräfte, wenn sie irgendetwas brauchen.

Die Einweisung ist zu Ende, die Teams schwärmen aus. Später hört der Regen auf, die Stadt füllt sich rasant. Es wird wohl doch einiges zu tun geben an diesem Tag, an dem viele hier frei genommen haben, um zu arbeiten. Damit es den Besuchern in Stuttgart bestens ergeht.