Tausende Zahnärzte in Baden-Württemberg wollen am Dienstag ihre Arbeit niederlegen – aus Protest gegen die Gesundheitspolitik. Auch in Stuttgart bleiben beim Aktionstag viele Praxen geschlossen. Es wird aber eine Notfallversorgung geben.

Zu viel Bürokratie, Mangel an Fachkräften, kaum Zeit für die Patienten, gestiegene Kosten: Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte in Baden-Württemberg sind unzufrieden und kritisieren die Rahmenbedingungen, unter denen sie inzwischen arbeiten. Mit einem landesweiten Aktionstag wollen sie daher an diesem Dienstag auf ihre Probleme aufmerksam machen.

 

Wie viele Ärzte sich beteiligen, ist laut der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) zwar nicht abzuschätzen. In einer Umfrage unter gut 3000 Mitgliedern habe sich aber die große Mehrheit für eine Teilnahme ausgesprochen. Somit bleiben wohl auch in Stuttgart viele Zahnarztpraxen geschlossen. Wer Schmerzen hat, braucht allerdings keine Angst zu haben, dass er nicht behandelt wird: Laut der KZV BW wird es Notfalldienste geben.

Auf dem Land droht Unterversorgung

Noch sei die Versorgung mit Zahnärzten zumindest in den Städten gewährleistet, sagt Alexander Raff: „Auf dem Land droht aber bereits jetzt eine Unterversorgung“, warnt der Zahnarzt aus Stuttgart-Vaihingen. Für junge Kolleginnen und Kollegen werde es zunehmend unattraktiv, eine eigene Praxis zu eröffnen. Raffs Wahrnehmung deckt sich mit einer repräsentativen Online-Befragung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Zusammenarbeit mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (58 Prozent) würden sich demnach heute nicht mehr niederlassen. 72 Prozent überlegen, ihre Praxen vorzeitig zu schließen. Gleichzeitig schätzen fast 100 Prozent ihre Arbeit als sinnvoll und nützlich ein.

Gründe für die hohe Unzufriedenheit sind vor allem die aktuellen Bedingungen: 97 Prozent der Befragten fühlen sich durch die Vielzahl an bürokratischen Aufgaben überlastet, rund 81 Prozent sehen ihren Praxisablauf infolge einer praxisfernen Digitalisierung beeinträchtigt. „Da ist viel zu wenig durchdacht“, kritisiert auch Raff.

Für die Patienten bleibt kaum Zeit

Für die Bürokratie wendet eine Zahnarztpraxis nach Angaben der KZBV im Schnitt mehr als 24 Stunden pro Woche auf – Zeit, die für die Patienten fehlt. Ein Zustand, der Raff schon seit Jahren aufstößt: Er sei Arzt geworden, um seine Patienten individuell zu versorgen, doch das könne er gerade deshalb nicht mehr in dem Maß umsetzen wie früher.

Hinzu komme, dass sich der Fachkräftemangel verstärke und die Kosten, etwa für Material und Personal, gestiegen seien, sagt Raff weiter. „Wie wollen keinen Rabatz machen“, sagt der Zahnarzt. „Aber mit unserem Aktionstag auf all diese Missstände hinweisen – und auf die Folgen, die es haben wird, wenn die Politik nicht gegenlenkt.“