Thüringens AfD-Chef gibt sich unschuldig: Er habe nicht erwartet, dass das Publikum eines Stammtisches eine Nazi-Parole vervollständigen würde, derentwegen er vor Gericht steht. Heute könnte das Urteil fallen.

Im Prozess gegen den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke wegen einer Nazi-Parole haben dessen Verteidiger zahlreiche Anträge gestellt. Sie verlangten am Mittwoch vor dem Landgericht Halle, die Teilnehmer des Stammtisches, bei dem der Spruch gefallen war, zu ermitteln und anzuhören. Damit könne bewiesen werden, dass sie sich nicht durch Höcke aufgefordert gefühlt hätten, die Parole zu vervollständigen.

 

Die Staatsanwaltschaft hat den AfD-Politiker Höcke angeklagt, weil er bei einem AfD-Stammtisch mit rund 350 Teilnehmern im thüringischen Gera im vergangenen Dezember die verbotene Nazi-Parole „Alles für Deutschland“ angestimmt haben soll. Er sprach die ersten beiden Worte und animierte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft durch Gesten das Publikum, den Spruch zu vervollständigen. Die Parole wurde einst von der Sturmabteilung (SA) verwendet, der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. Höcke bezeichnet sich als unschuldig.

Zeuge wird abgeladen

Seine Verteidiger wollen zudem beweisen, dass die Parole im Nationalsozialismus keine zentrale Bedeutung gehabt haben und auch nicht weit verbreitet gewesen sein soll. Dazu beantragten sie, Historiker als Zeugen heranzuziehen, und verwiesen auf verschiedene Publikationen zur SA und zum Nationalsozialismus. Höcke selbst hatte bereits gesagt, dass er die Verwendung der Losung nicht für strafbar halte.

Ursprünglich hatte das Gericht für Mittwoch selbst einen Sachverständigen als Zeugen geladen. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass der Historiker sich in der Vergangenheit negativ über die AfD geäußert habe, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel. „Wir haben ihn abgeladen, weil das geht einfach nicht.“

Verurteilung zu Geldstrafe nach erster Parole

Das Landgericht Halle hatte den 52-jährigen Höcke bereits zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er die gleiche Nazi-Parole auch im Mai 2021 bei einer Wahlkampfveranstaltung im sachsen-anhaltischen Merseburg nutzte. Rechtskräftig ist die Entscheidung nicht, denn Höcke legte Revision ein. Damals wie auch nun lautet der Tatvorwurf Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.

Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der frühere Geschichtslehrer als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Plädoyers am Mittwoch möglich

Mehr als zwei Verhandlungstage hat das Gericht bislang nicht anberaumt. Insofern spricht bislang nichts dagegen, dass am Mittwoch nach der weiteren Beweisaufnahme die Plädoyers gehalten werden. Möglich ist auch eine Urteilsverkündung. Der Vorsitzende Richter Stengel sagte: „Bei dem Wetter hier drinzusitzen, ist ja nicht das Schlechteste.“ Für Mittwoch war Hitze in Halle vorhergesagt. Im ersten Prozess gegen Höcke hatte er das Urteil um 19.00 Uhr gesprochen.